Karunai und der Hunger nach Gerechtigkeit
Eine kirchliche Hilfsorganisation hat ihre diesjährige Aktion im Advent unter das Motto Hunger nach Gerechtigkeit gestellt. Überall auf der Welt erleben wir, dass Ungerechtigkeit Menschen daran hindert, als Menschen leben zu können: Hunger, Armut oder Benachteiligung sind nur einige wenige Schlagworte, in denen diese Ungerechtigkeit ihren Ausdruck findet. Und genauso wie andere kirchlichen Hilfsorganisationen wollen auch wir von Karunai unseren Beitrag dazu leisten, dass der Gerechtigkeit zum Durchbruch verholfen wird.
Gerecht geht es für uns dann zu, wenn „unsere“ Mädchen etwas von ihrer von Gott verliehenen Würde zurückerhalten und wenn ihnen die Chance eröffnet wird, sich ein eigenes Leben aufzubauen.
Die Mädchen entstammen in der Regel bitterarmen Familien, in denen meist der Vater verstorben ist, nicht selten Vater und Mutter. Zahlreiche Mädchen mussten in ihrer Familie Erfahrungen mit unvorstellbarer Armut, gepaart mit Gewalt und Missbrauch machen. Viele dieser Familien gerieten in eine Art Schuldknechtschaft und müssen nun horrende Schulden Jahre, manchmal Jahrzehnte abarbeiten. Welch eine Ungerechtigkeit!
In solchen von Unfreiheit und Gewalt geprägten Strukturen stellt unser Kinderhaus dann oft den einen gerechten Ausweg dar, um wenigstens einigen Mädchen die Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben eröffnen zu können. Zurzeit gelingt dies für 28 Mädchen im Kinderhaus, die meist zum ersten Mal erfahren, was es heißt, in einer Gemeinschaft zu leben, zur Schule gehen zu dürfen und ohne die Sorge um das eigene tägliche Überleben mehr als eine Hoffnung auf ein besseres Leben zu haben.
Neben diesen im Haus lebenden Mädchen gibt es zahlreiche junge Frauen, die nach ihren Jahren im Kinderhaus nun dieses verlassen haben, um eine weitere schulische oder berufliche Ausbildung zu absolvieren.
Wir unterstützen darüber hinaus aber noch weiter; die Themen Bildung und Sicherheit stehen dabei immer im Fokus: Seit diesem Jahr stellen wir die Räumlichkeiten, die bislang als Kindertagesstätte genutzt wurden, den Dorfkindern und Müttern zur Verfügung, nachdem der Bedarf nach Kleinkindbetreuung im Dorf unmittelbar abgedeckt werden konnte. Bei uns können die Schulkinder begleitet Hausaufgaben erledigen, sie erhalten bei Bedarf Nachhilfeunterricht und werden in Englisch gefördert – Das Angebot wird aktuell von täglich etwa 40 Schülern angenommen. Den Müttern stehen parallel drei Nähmaschinen zur Verfügung, um das Nähen zu erlernen, ihr Können auszubauen oder sich hierüber sogar beruflich neu aufzustellen. Zudem bieten wir Frauen aus dem Ort an, Stoffe und Kleidung zu einem sehr günstigen Preis für den Weiterverkauf zu erwerben. Die erwirtschaftete Marge ist ihr Lohn. Erste Schritte in eine mögliche Unabhängigkeit.
Seit dem vergangenen Jahr fördern wir zudem Mädchen im Rahmen von Schul- bzw. Ausbildungsstipendien. Ohne unsere Förderung müssten diese Mädchen – aktuell 50 Schul- und 17 Collegepatenschaften – ausnahmslos arbeiten, unabhängig von ihrem Alter.
Unser Dank gilt in diesen Tagen Ihnen allen, die Sie als Spenderinnen und Spender, als Mitglieder und als Patinnen und Paten unsere Arbeit auf so vielfältige Weise unterstützen. Sie im Hintergrund zu wissen, ermöglicht erst unsere Arbeit.
Dank Ihrer Unterstützung ist es uns möglich, für jede und mit jeder Schulabsolventin zu überlegen, wie der weitere Weg in einen Beruf aussehen kann, damit die jungen Frauen auch tatsächlich ihren Weg gehen können. Dass sie hierbei unsere Hilfe benötigen, weiß, wer in der eigenen Familie das eigene Kind auf seinem Weg in eine berufliche Zukunft unterstützt hat. Dass dies nicht immer einfach ist, liegt auf der Hand, aber unsere Erfolgsstorys von jungen Frauen, die dank Karunai genau diesen Weg geschafft haben, machen uns großen Mut und bestärken uns in unserer Arbeit. Selbst wenn sich Mädchen gegen eine Berufsausbildung entscheiden, wissen wir, sie gehen ihren Weg mit einer sehr guten schulischen Ausbildung im Gepäck. Sie wurden bei uns gefördert und gefordert, haben über den Tellerrand geblickt und die vergangenen Jahre in Sicherheit, geachtet und respektiert verbracht – Erfahrungen, die sie geprägt haben.
Dank Ihrer Unterstützung konnte unser Haus mit all seinen Einrichtungen und Nebengebäuden in einem guten Zustand gehalten, die Gebäude saniert und ein zusätzliches Toilettengebäude errichtet werden.
Dass all diese Entscheidungen in einem Geist des gegenseitigen Respekts und mit großem Einsatz so vieler vor Ort in Indien und hier in Straelen getroffen werden können, macht sie so viel leichter.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihren Familien im Namen unserer Mädchen und unseres Vereins eine gute Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten und ein gesegnetes Weihnachtsfest sowie ein gutes neues Jahr 2020.